In unserem Gedankenspiel gehen wir gerne Fragen nach, die uns beim Blick durch das Zugfenster beschäftigen. Dieses Mal haben wir uns auf ins Wendland zur Naturkostsafterei Voelkel gemacht um herauszufinden, wie die nachhaltige Landwirtschaft ihren Teil zur grüneren Zukunft beiträgt. Liebe Voelkels, was bedeutet Gemeinwohl-Ökonomie?
Auf unsere Entdeckungstouren sind wir immer auf der Suche nach außergewöhnlich schönen Orten: Unberührte Natur, romantische Wälder, einsame Strände. Wir sehnen uns nach Motiven, die uns die Natur in einem vermeintlich ursprünglichen Zustand zeigen. Diese lassen sich in Deutschland fast nur noch in abgegrenzten Bereichen wie Naturschutzgebieten und Biosphärenreservaten finden – wohin sich auch Teile der Tierwelt zurückgezogen haben. Und obwohl Raps- und Sonnenblumenfelder außerordentlich malerisch wirken, muss man die rosarote Brille fest auf der Nase lassen, um nicht daran erinnert zu werden, dass die konventionelle und profitorientierte Landwirtschaft ebenfalls einen Teil zur Abnutzung und Zerstörung der Umwelt beiträgt.
Umweltbelastung durch die Landwirtschaft
Laut Umweltbundesamt wird knapp die Hälfte der Fläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt, wovon wieder 92,5% konventionell bewirtschaftet werden. Aufgrund dieser intensiven Form der Nutzung schwindet die Arten- und Biotopvielfalt seit Jahren. Pestizide vergiften das Wasser und die Böden übersäuern. Insekten, Vögel und Kleintiere finden keinen Lebensraum mehr und sterben aus. Verschärft wird die Situation noch durch Industrielle Tierhaltung, Monokulturen und Hybridsaatgut. Das heißt über 90% der Agrarfläche wird nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung und auf Kosten der Natur genutzt. Das begünstigt langfristig die Erwärmung der Erde und wirkt sich so negativ auf das Gemeinwohl aus. Wie sieht es bei den restlichen Prozent aus?
Voelkel – Alles, nur kein Saftladen
Auf den übrigen knapp 8% der Fläche wird ökologisch angebaut. Diese Formen der Landwirtschaft sind keine Neuheit – schon seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gibt es beispielsweise den Bio-Anbauverband demeter, deren Mitglieder nach anthroposophischen, also ganzheitlichen, Ansätzen wirtschaften. Zu dieser Zeit zogen auch Margret und Karl Voelkel mit ihrer Saftpresse von Dorf zu Dorf, um später die gleichnamige »Naturkostsafterei« im Wendland zu gründen. Pünktlich zur Möhrenernte im September haben wir uns auf den Weg dorthin gemacht. Von den Voelkel-Enkeln und Sebastiaan Huisman, Experte für biologisch-dynamische Landwirtschaft, wollten wir mehr zum Thema Nachhaltigkeit erfahren. Für Voelkel ist es logisch, dass Natur und Landwirtschaft in Balance bleiben müssen. Sie setzen auf Maßnahmen, die die Biodiversität fördern, zum Klimaschutz beitragen und das Wasser sauber halten.
Die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie
Zum demeter-Konzept zählt auch eine faire innerbetriebliche Struktur. Hier ist die Naturkostsafterei Voelkel in diesem Jahr noch einen Schritt weiter gegangen: Sie haben ihr Familienunternehmen nach den Parametern der Gemeinwohl-Ökonomie (kurz GWÖ) bilanzieren lassen. Das Konzept steht für ethisches Wirtschaften, Demokratie und Transparenz in den verschiedenen Wirkungsbereichen. Das Ziel ist nicht die Vermehrung von Geldkapital, sondern ein gutes Leben für alle Beteiligten. Menschenwürde, Menschenrechte und ökologische Verantwortung sollen als »Gemeinwohlwerte« direkt in der Wirtschaft umgesetzt werden. Darunter zählen Gleichberechtigung, faire Lieferbeziehungen und Bezahlungen, Weiterbildung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz – Werte, die für Voelkel schon lange eine wichtige Rolle spielen und zukunftsweisend für andere Unternehmen sein sollten.
Nach einem einsehbaren Punktesystem vergeben unabhängige Gutachter eine Art Zeugnis an die Unternehmen, die sich nach den vorgegeben Kriterien bilanzieren lassen. Diese gelten aber nicht nur für landwirtschaftliche Betriebe: Zu den rund 2.000 Unterstützern und 500 Mitgliedern der Gemeinwohl-Ökonomie gehören auch Unternehmen wie Vaude, Soulbottles oder die taz. Aus der Reisebranche gesellen sich der Tourismusverband Wilder Kaiser und das Naturhotel Tannerhof hinzu.
Mehr über die Naturkostsafterei Voelkel
Mit fast neunzig Jahren Erfahrung gehört Voelkel zu den Pionieren der Bio-Unternehmen. Mittlerweile wird die Naturkostsafterei in dritter Generation geführt und überzeugt uns immer wieder mit neuen Lieblingsgetränken. Darunter die BioZisch Gurke, der Kombucha mit Sauerkirsche und Minze oder ganz neu die Haferdrinks in der Mehrwegflasche. Seit 1936 ist die Familie in Höhbeck im Wendland zuhause, eine Gemeinde im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue direkt an der Elbe. Und wer einmal den Hof besucht und die Voelkels persönlich kennengelernt hat, merkt schnell, dass es hier um mehr als nur perfekten Saft geht. So unterstützte die Naturkostsafterei Voelkel zuletzt auch die Streaming Plattform United We Stream.
Fotos: Joachim von Ramin
Möhrchensaft auf die Naturkostsafterei Voelkel, die diesen Beitrag durch eine Kooperation ermöglicht haben