Wenn wir einmal nicht Berge schauen, halten wir am liebsten Ausschau nach klaren Sternennächten. Doch wenn wir nach oben blicken, sehen wir oft erstmal nichts. Das liegt nicht nur an schlechten Wetterbedingungen, sondern auch am Thema »Lichtverschmutzung«. Unsere Redakteurin Anky hat sich dazu erkundigt und gleich mal auf die Suche nach Orten mit freier Sicht auf den Nachthimmel gemacht.
Was man in Berlin wirklich schwer bekommen kann: Einen Platz am See, ohne schrammeligen Techno aus der klangmäßig eingeschränkten Boombox… und freie Sicht auf den Sternenhimmel. Denn immer wenn ich außerhalb der Stadt bin und nachts in den Himmel schaue, werde ich daran erinnert, welches selbstverständliche Naturerlebnis ich täglich (oder besser gesagt nächtlich) verpasse. Und doch ist er immer da: Egal ob wir in der Großstadt, in der Wüste oder am Meer sind – der Himmel über uns ist stets der Gleiche, nur die Sicht darauf ist je nach Begebenheit anders.
Die Sache mit der Dunkelheit
Dabei beeinträchtigt nicht nur der Smog von Industrie und Abgasen unsere Sicht auf die Sterne, sondern auch das künstliche Licht, für welches wir verantwortlich sind. Man spricht dann von »Lichtverschmutzung«, was natürlich nicht heißt, dass das Licht schmutzig ist. Viel mehr hellt das Licht, das wir nachts aus der Stadt abgeben, den Himmel auf und beeinträchtigt somit die Dunkelheit, die zum Sterne beobachten essentiell ist. Man versteht darunter also viel mehr eine »Sichtverschmutzung«. Leider gelten gläserne Hausfassaden und Straßenbeleuchtungen, die das Licht in alle Richtungen verstreuen, immer noch zum »State of the Art« von urbanen Städten. Diese sogenannten »Licht-Superspreader« verbergen dabei nicht nur die Sicht auf die Sterne, sondern bringen zusätzlich auch noch das ganze ökologische Gleichgewicht ins Wanken. Besonders nachtaktive Insekten leiden unter dieser Situation - das künstliche Licht bringt aber auch Zugvögel von ihren Routen ab, verändert das Verhalten von Fischen und beeinflusst den Wachstumszyklus von Pflanzen. Letztlich wird auch die innere Uhr des Menschen und anderer, tagaktiver Säugetiere von künstlichem Licht gestört, was unter anderem zu Schlafstörungen führen kann.
Licht aus für Tiere und Pflanzen
Es gibt also sehr viele Gründe, die dafür sprechen, den Lichtstrahlen zu entfliehen und an langfristigen Lösungen zur Eindämmung der Lichtverschmutzung zu arbeiten. Dafür gibt es weltweit Forschungseinrichtungen mit Experten zu diesem Thema und auch in Deutschland entwickelt sich immer mehr Bewusstsein dafür. Dabei können wir uns natürlich auch immer selbst fragen, wie viel Licht wir eigentlich benötigen, wie viel Watt es sein müssen und ob die x-te dekorative Lichterkette im Garten oder auf dem Balkon wirklich notwendig ist. Auch lohnt es sich, gerade im Außenbereich auf Bewegungssensoren zu setzen und auf Lampen mit einem nach unten gerichtete Lichtkegel zu achten, um unnötige Lichtstreuung zu vermeiden. Als Motivation dafür wollen wir euch gleich mal ein paar Orte zeigen, die ganz bewusst zum »Sternenbaden« einladen und ohne künstliches Licht auskommen.
Wenn ihr einen klaren Sternenhimmel sehen wollt, Hobby-Astronomen seid oder einfach mal wieder euren Melatoninhaushalt ins Gleichgewicht bringen wollt, empfehlen wir euch diese fünf Sternenparks und Lichtschutzgebiete in Deutschland. Das Schöne: Sterne gucken klappt beim Zelten am besten. Also Schlafsack einpacken und ab ins Dunkle!
Sternenpark Westhavelland
Etwa siebzig Kilometer von Berlin entfernt habt ihr im Sternenpark Westhavelland die Möglichkeit, einen wunderbar klaren Sternenhimmel inklusive Milchstraße zu bewundern. Ihr habt die Wahl zwischen neun offiziellen Beobachtungspunkten im Sternenpark: Den Standort »Nennhausen« kann man ganz einfach von Berlin mit der Regionalbahn Richtung Rathenow erreichen. Vom Alexanderplatz dauert die Anreise mit Zug und Fußweg zum Aussichtspunkt etwas über eine Stunde. Wer direkt unter dem romantischen Himmelszelt übernachten will, der kann es sich beispielsweise auf dem Campingplatz Friedelcamp am Hohennauener See in einer Sternschnuppe gemütlich machen. Hier könnt ihr euch ins Bett kuscheln und dank aufrollbaren Cabriodach den Himmel bestaunen. Für Tagestouren stehen dort auch Kajaks und Fahrräder zur Verfügung.
Sternenpark Rhön
Die »Dark-Sky-Association« ernannte 2014 das »Biosphärenreservat Rhön« offiziell zum Internationalen Sternenpark. Hier kann man tausende Sterne, die Milchstraße und auch das Zodiakallicht sehen. Der Park verfügt über fünf Himmelsschauplätze inklusive Polarsternfinder, eine drehbare Sternenkarte und Wellenliegen um den Himmel bequem in der Horizontalen zu bewundern. Der Verein Sternenpark Rhön e.V. möchte das Bewusstsein zum Thema Lichtverschmutzung nachhaltig stärken, um den Menschen den Sternenhimmel wieder näher zu bringen. Der Schutz von Natur, Tier und Mensch stehen hier gleichermaßen im Vordergrund. Mehr interessante Informationen kann man in verschiedenen Führungen und Workshops bekommen. Absteigen könnt ihr im Mietwohnwagen auf dem urigen Campingplatz Kreuzberg in Wildflecken.
Sternenpark Winklmoos-Alm
Wer den Sternen noch näher sein möchte, der sollte den Sternenpark Winklmoos-Alm besuchen. Dort gibt es dann 1.160 Meter über dem Meer neben dem Himmelszelt auch noch Berge zu bewundern. Klingt nach einer perfekten Kombination? Das finden wir auch! Noch dazu habt ihr vor allem während der Sommermonate die Gelegenheit an Sternführungen teilzunehmen. Der Astronom und »Nachtbeschützer« Manuel Philipp nimmt euch – ausgestattet mit einem Lichtzeigestock – mit auf eine Reise durch die Welt des Nachthimmels, der Galaxien und Sternbilder. Den Tag kann man dann mit schönen Wanderungen verbringen, bis die Sonne wieder untergeht und den Blick freigibt auf den atemberaubenden Nachthimmel.
Nationalpark Eifel
Auch im Nationalpark Eifel hat man die Chance, den nächtlichen Sternenhimmel in voller Pracht zu bestaunen. Der regionale Tourismusverband bietet unter dem Motto »Nachhaltiger Astrotourismus« sogar verschiedene buchbare Tages- oder Kurzurlaubsangebote an. Übernachten kann man auf einem der wunderbaren Naturlagerplätze mit passenden Namen – beispielsweise auf dem Trekkingplatz Großer Wagen. Eine Holzplattform bietet dabei Platz für zwei Zelte und einen perfekten Blick auf den Sternenhimmel – sogar eine Komposttoilette gibt es vor Ort. Insgesamt stehen zehn solcher Trekking-Naturlagerplätze für eine einzigartige und unabhängige Wanderung zur Verfügung.
Sternenpark Pfälzerwald
Im Pfälzerwald kommen Kulinarik und Astro-Touristen gleichermaßen auf ihre Kosten: Auf dem deutsch-französischen Bauernmarkt kann man sich mit allerlei regional produzierten Leckereien eindecken um abends bei einem gemütlichen Picknick im Sternenpark Pfälzerwald auf den Sonnenuntergang, beziehungsweise den Sternenaufgang, warten. Einen Schlafplatz findet man auf einem der zahlreichen Campingplätze, die für ein rundum stimmiges Naturerlebnis sorgen. Wer es sich lieber in einer Unterkunft gemütlich machen will, der sollte auf das Zertifikat Gemeinde unter den Sternen achten – damit werden sternen- und umweltfreundliche Beleuchtung in der Gegend honoriert.
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Fotos: Maximilian Kaiser, Jürgen Hüfner, Ernst Schindler, Nils Noell, Christian Mücksch