Brandenburg

Alte Flachsfarm – Auf einen Kurztrip nach Cottbus

Nur ein bisschen mehr als eine Stunde liegt Cottbus mit dem Zug von Berlin entfernt: Die grüne Stadt an der Spree eignet sich daher perfekt für einen Tagesausflug voller Überraschungen. Dabei lernen wir den exzentrischen Fürst Pückler kennen, stoßen auf Pyramiden und entdecken Kunst und Kultur. Um ein bisschen mehr Zeit in der »Pücklerstadt« zu verbringen, haben wir uns in einer ehemaligen Flachsfarm einquartiert. Unweit vom ruhigen Spreewald und der polnischen Grenze.

Treffpunkt am Gleis 1, vom Berliner Ostkreuz machen wir uns mit dem Brandenburg-Ticket auf in Richtung Spreewald und polnische Grenze. Im Gepäck sind nicht nur erstes Proviant und regenfeste Kleidung, sondern auch unsere eher sperrigen Räder, die ganz schön in der Regio klappern. Dieses Mal werden wir nicht in Lübbenau aussteigen, dem schönem Städtlein mit seinen beliebten Kanutouren auf der Spree und den leckeren Gewürzgurken. Wir lassen uns von der Neugier treiben und fahren bis zur Endstation nach Cottbus. Die sogenannte »Pücklerstadt« in der Niederlausitz wird uns den nächsten 48 Stunden immer wieder überraschen und ins Staunen versetzen. Das ist wohl eines der besten Dinge am langsamen Reisen – das Gefühl, sich unvoreingenommen seinem Ziel zu nähern. Zugegeben, wir haben uns im Vorfeld doch ein wenig über die uns noch wenig bekannte Stadt schlau gemacht, aber feste Pläne dann doch schnell ad acta gelegt. Was kommt, das kommt. Nur ein Punkt steht fest auf der Agenda: Wir werden die kommenden Nächte in der »Alten Flachsfarm« verbringen, ein paar Kilometer vom Stadtkern entfernt im Stadtteil Döbbrick.

Endstation, alle aussteigen bitte. Kaum wieder auf festem Boden schwingen wir uns auf die Räder, vorbei am Bahnhof der alten Spreewaldbahn. Die Gleise liegen still, früher fuhr hier die meterspurige Schmalspurbahn nach Lübben, Lieberose und Cottbus. Wir werden dem Bahnhof nochmal begegnen – nun aber erstmal auf zu unserem temporären Zuhause. Unsere Wegbeschreibung zur alten Flachsfarm ist simpel, aber vielversprechend: Einfach der Spree entlang, bis wir auf ein kleines Dörfchen zufahren, vorbei an Feldern und durch grüne Wälder. Doch bevor es überhaupt richtig losgeht, kehren wir im SpreeCafé Greschke mit schönen Sitzplätzen im siebziger Jahre Stil direkt am Wasser ein. Die Taschen auf dem Gepäckträgern sind noch ein wenig schwerer geworden, schließlich konnten wir nicht am Cottbuser Wochenmarkt vorbeifahren, ohne ein paar regionale Spezialitäten einzukaufen.


Ein Hof für uns

Nach der Radtour mit einigen Haltestopps (»Oh, ich muss hier kurz ein Foto machen«), kommen wir kurz vor Sonnenuntergang auf dem Hof der »Alten Flachsfarm« an. Wir stellen die Räder fix an die schwarze Scheune und steuern direkt auf den Kirschbaum mit den reifen Früchten vor uns zu. Diesen Begrüßungssnack lassen wir uns, genau wie die Ausbeute vom Markt, nicht entgehen. Der Schlüssel zur Unterkunft ist sicher versteckt und füttert unsere Neugier immer mehr. Denn schon der Außenbereich der ehemaligen Flachsfarm lässt unsere Herzen höher schlagen. Gebaut wurde der Hof um 1900 und diente ein paar Jahrzehnte lang zur Leinenproduktion, schließlich ist Cottbus auch als alte Tuchmacherstadt bekannt. Im renovierten Haupthaus warten vier bezaubernde Schlafzimmer auf uns. Jedes einzelne scheint den Seiten eines Wohnmagazins zu entspringen. Kein Wunder, die neue Besitzerin heißt Caterina Rancho: Die erfahrene Interior Designerin und Fotografin pendelt für ihr neuestes Projekt zwischen Berlin und Cottbus. In Eigenregie hat sie den Vierseiten-Hof renoviert und neu ausgestattet, ohne dabei seinen ursprünglichen Charakter zu vergessen.

Die Zimmer samt Wohnbereich und Küche sind nicht nur wunderbar schön eingerichtet, sondern lassen uns auch sofort in den Entspannungsmodus fallen. Wir hören: Nichts. Nur die Hühner auf dem Hof und unsere Freudenjauchzer. Dabei wartet noch ein Indoor-Highlight auf uns: Die Badewanne mit absolutem Wohlfühlfaktor. Doch bevor wir zum Badeschaum greifen, müssen wir uns erstmal weiter satt sehen, an all den Raffinessen und Deko-Elementen im Haus. Im Außenbereich finden wir neben einer grünen und großen Gartenlandschaft noch eine Sauna mit Blick aufs weite Feld. Auch dieser neu gebaute Teil des Hofs ist natürlich mit Liebe zum Detail ausgeschmückt und wird zum Höhepunkt des Abendprogramms. Sauna, Pizza, Rotwein…die Glücksformel für einen Kurztrip mit Freunden. Die Unterkunft nahe dem Spreewald ist der perfekte Ausgangspunkt für kleine Entdeckungstouren auf dem Rad. Am Abend sind vor allem die Peitzer Teiche schön anzusehen, das größte zusammenhängende Teichgebiet Deutschlands und Brutstätte für seltene Wasservogelarten.


Der tolle Pückler

Am nächsten Morgen sind die Frühstückseier, natürlich frisch gelegt von den Hofhühnern Hilde und Liselotte, schnell verputzt. Gut gestärkt und gelaunt machen wir uns wieder aufs Rad. Denn ein Name begleitet uns schon von Anfang auf unserem Cottbus-Trip: Hermann Fürst von Pückler-Muskau, ein Exzentriker seiner Zeit, Reiseschriftsteller und fabulöser Gartengestalter. Auf den Tipp unserer Gastgeberin Caterina hin machen wir uns auf zum Branitzer Park, der uns die fürstliche Landschaftsgartenkunst in voller Gänze zeigen soll. Dabei kommen wir an den malerischen Gerberhäuser in der Uferstraße vorbei, dem alten Elektrizitätswerk sowie der plätschernden Markgrafenmühle. Immer wieder gelangen wir mit Einwohnern ins Gespräch, unsere Freude an der Stadt und der Umgebung scheint aufzufallen. Im Park angekommen sichten wir schnell die Landpyramiden, die sich so untypisch in die Landschaft fügen. Im Tumulus, einem Hügelgrab, liegen der Fürst und seine früher verstorbene Lebensgefährtin begraben.

Doch Fürst Pückler war nicht nur für seine Gartenkunst bekannt. In einer der liebsten Geschichten über ihn erzählt man sich, dass der Fürst nur mit weißen Hirschen bespannt in der Kutsche von Cottbus zum »Café Kranzler« nach Berlin fuhr, um seine Herzensdame mit einem Rendezvous zu beeindrucken. Der extravagante Fürst zählte 1816 auch zu einem der ersten Ballonfahrer. Mit an Board beim Flug von Berlin und Potsdam: Gebratener Fasan, Champagner und eine ungeplante Bruchlandung. Nach Fürst Pückler Art gönnen wir uns schließlich, zurück in der Altstadt von Cottbus, das nach ihm benannte Eis in der Sonne. Die Regenbekleidung durften wir, entgegen aller Prophezeiungen, zum Glück eingepackt lassen. Cottbus hat es gut mit uns gemeint, denken wir und planen schon den nächsten Kurztrip.

Die »Alte Flachsfarm« in der sorbisch geprägten Niederlausitz bietet Platz für bis zu acht Gäste. Mit dem großzügigen Hof, Sauna und der ausgeschmückten Scheune eignet sich die Unterkunft nicht nur für einen Kurztrip mit Freunden, sondern auch als »Work Retreat« mit Arbeitskollegen, für Seminare im Grünen oder eine Yoga-Auszeit. Vor allem der Weg vom Bahnhof Cottbus mit dem Rad dorthin und die Pücklerstadt selbst sind unbedingt einen Ausflug wert.


Ausflugstipps für Cottbus:

»Kaffeeklatsch«
Neben dem Schloss und dem Museum im Branitzer Park, empfehlen wir euch das Pückler Café Goldene Ananas in der Orangerie der Parkanlage. Auch hier war der Fürst namensgebend, der natürlich ein Faible für die Ananaszucht hatte. Kaffee und Kuchen mit besten Aussichten!

»Kunstvoll«
Das Brandenburgisches Landmuseum für moderne Kunst (BLMK) ist allemal eine Anreise aus Berlin wert. Im ehemaligen Dieselkraftwerk findet das Museum sein Zuhause und beherbergt über 23.000 Objekte zeitgenössischer Kunst. Vor allem die Ausstellungen zu Plakatkunst und Fotografie sind beeindruckend.

»Bühnenprogramm«
Am Staatstheater Cottbus kommt man ohne Staunen nicht vorbei. Die architektonische Skulptur des großen Hauses wirkt wie ein frei schwingendes Monument in der Stadt. Noch bis zum 11. Juli 2020 findet das Sommertheater im Kasernenhof statt.


Übernachtung
Bei vier Personen ab 170,00 Euro pro Nacht
Bei acht Personen ab 250,00 Euro pro Nacht

Anreise
Von Berlin mit dem Zug bis nach Cottbus Hauptbahnhof. Von da aus gehts am besten mit dem Fahrrad weiter der Spree entlang zur »Alten Flachsfarm«.

Gut zu Wissen
Deckt euch vorher mit Frühstücksleckereien aus der Stadt ein, falls ihr unter der Woche anreist. Der Bäcker vor Ort hat nur vormittags am Wochenende geöffnet.

Alte Flachsfarm
Neues Dorf 4
03054 Cottbus

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Fotos: Max Ernst Stockburger, Caterina Rancho

 

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