Wie eine normale Jobplattform, nur besser! Max und Lukas sind nicht nur Brüder und beste Freunde, sondern auch die Gründer hinter »Baitō«, der neuen Online-Plattform für Jobs mit Sinn. Schließlich sind wir alle mehr, als nur ein paar Zeilen im Lebenslauf. Was herauskommt, wenn sich ein Dokumentarfotograf und ein Software Developer während des »Corona-Lockdowns« zusammen auf die Suche nach Berufung statt Beruf machen, erfahrt ihr hier.
Keine Bullshitjobs mehr. Das haben wir uns alle gedacht, als wir mit »Draussen« begonnen haben. Wir, das sind ein Team aus genau vier Personen mit langjährigen Erfahrungen im Bereich Text, PR, Gestaltung und Fotografie. Wir alle hingen irgendwie zwischen Jobs, die man nach einer gewissen Zeit in Frage stellt. Ist das, was ich fast täglich mache, gut für mich und andere? Wo steckt der Mehrwert, die Wertschätzung und die Sinnhaftigkeit in meinem Tun? Es war ein kruder Mix aus Job-Ausfällen, Corona und der Drang nach mehr Abenteuern, der uns schließlich zusammen gebracht hat. Mittlerweile beschäftigen wir uns mit Themen, für die wir brennen, treffen spannende Menschen aus der #SlowTravel-Community und bringen so ein entscheidendes Stück mehr Nachhaltigkeit in unseren Alltag und Beruf.
Das steckt unglaublich an. Max Ernst Stockburger ist nicht nur »Draussen«-Mitglied der ersten Stunde, sondern hat mit seinem Bruder Lukas auch Baitō, die neue Online-Plattform für Jobs mit Sinn, kürzlich an den Start gebracht. Das Besondere: Hier werden Stellenangebote nicht nach klassischen Jobtiteln sortiert, sondern zuerst die Frage gestellt, »wie« man arbeiten möchte. Auf diese Weise wird nicht nur der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus geschärft, sondern auch mehr Sinnhaftigkeit in den Arbeitsalltag gebracht. Wir haben Max zum ehrlichen Job-Interview gebeten.
Hinter »Baitō« steckt ein Teil des Draussen-Teams. Wer ist alles dabei und warum?
Neben mir gibt es noch Annemarie, die Initiatorin des »Draussen«-Magazins und meinen Bruder Lukas Stockburger. Anni ist schon seit dem ich sie vor fast zehn Jahren kennengelernt habe im Nachhaltigkeitsbereich unterwegs und kennt die Branche wie keine Zweite. Die Initiative und den Drive den sie hier beim »Draussen«-Magazin einbringt, haben mich stark beeindruckt und letztendlich auch ein wenig dazu inspiriert, etwas eigenes auf die Beine zu stellen.
Mein Bruder ist Software Developer und hat eigentlich keine Probleme einen gut bezahlten Job zu finden, allerdings geht es ihm in Sachen sinnhafter Tätigkeiten ähnlich wie mir und er möchte seine Zeit und Fähigkeiten lieber der guten Sache widmen als für »normale« Unternehmen zu arbeiten. Wir sind also ein kleines aber feines Team, dass sich schon seit vielen Jahren kennt, liebt und manchmal auch ein wenig auf die Nerven geht.
Du bist Künstler und Dokumentarfotograf, das scheint auf den ersten Blick eine durchaus sinnhafte Tätigkeit. Wie kommst du also zu »Baitō«?
Meine Arbeit ist tatsächlich sehr erfüllend und an den meisten Tagen halte ich sie auch für sehr sinnvoll. Leider lässt sich davon nur sehr schwer leben. In den letzten Jahren habe ich unzählige Jobs gemacht die ganz konträr zu dem stehen, um was es in meiner künstlerischen Arbeit geht. Mit einem bitteren Beigeschmack habe ich das einfach als das notwendige Übel hingenommen. Jetzt mit Corona war die Auftragslage aber auch was kommerzielle Jobs angeht wirklich mau und ich habe gezwungenermaßen begonnen, diesen Status Quo zu hinterfragen.
Vielen meiner Freunde ging es während der »Lockdown-Zeit« dabei ähnlich, obwohl sie in ganz anderen Branchen und Beschäftigungsverhältnissen unterwegs sind. Ich bin mir sicher, dass wir dieser Pandemie auf lange Sicht etwas positives abgewinnen können und müssen. Mit »Baitō« möchten wir einen kleinen Beitrag zu einer besseren und gerechteren Welt leisten, indem wir es Menschen so einfach wie möglich machen, einen Job mit Sinn zu finden.
Wie sehen »Jobs mit Sinn« genau für euch aus?
Eine allgemeingültige Definition gibt es dafür natürlich nicht und jeder versteht darunter am Ende etwas anderes. Für uns aber sind das all die Tätigkeiten, die im weitesten Sinne versuchen etwas gegen den Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit und andere Missstände in unserer Gesellschaft zu tun. Es liegt also in der Natur der Sache, dass wir viele Stellenangebote von NGOs, Stiftungen, Kultureinrichtungen, Think Tanks oder Regierungsorganisationen haben.
Darüber hinaus legen wir aber besonderen Wert auf junge und innovative Unternehmen, die mehr wollen als nur Kohle scheffeln. Wir sind der Überzeugung, dass verantwortungsvoll genutzte Technologie ein wichtiger Teil für eine bessere Zukunft und Gesellschaft ist. Es gibt in dem Sinn aber keinen Fragenkatalog den wir abarbeiten oder bestimmte Siegel die wir abfragen. Alle Stellenangebote sind handkuratiert und wachsen natürlich mit der Zeit.
Jobplattformen gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Was genau unterscheidet euch vom Rest?
Im Gegensatz zu den meisten anderen Plattformen durchsuchen wir aktiv das Internet nach neuen Stellenangeboten. Das heißt wir haben auch all die Unternehmen, Stiftungen und NGOs auf dem Schirm, die nicht das Know-How, Budget oder die Manpower haben, um ihre Jobs auf diversen Plattformen zu inserieren. So entdeckt man auf »Baitō« Arbeitgeber*innen, die man ohne stundenlange Recherche gar nicht erst finden würde. Im Schnitt veröffentlichen wir so täglich mehr als 20 Impact Jobs. Tendenz steigend! Bei uns entscheidet kein Algorithmus und kein Werbebudget über die Auswahl, sondern nur wir ganz persönlich. Unsere Stellenangebote sind handkuratiert und werden nach Qualität, Impact und fairer Bezahlung ausgewählt. So schaffen es von den täglich 200 Stück nur rund 10% in den eigentlichen Newsletter.
Schlecht oder gar unbezahlte Praktika kommen bei uns zum Beispiel schon aus Prinzip nicht in die Auswahl. Bei ehrenamtlichen Tätigkeiten sieht das natürlich anders aus. Wir sortieren unsere Stellenangebote nicht nach Jobtiteln sondern nach Tätigkeiten wie zum Beispiel »Beraten«, »Gestalten« oder »Entwickeln«. Das klingt erst einmal ein wenig unkonventionell, aber wir möchten damit eine Möglichkeit bieten, Stellen zu finden die man aus der eigenen »Bubble« heraus vielleicht nicht wahrnehmen würde. Am Ende soll die Tätigkeit zu dir passen, und nicht du dich für sie krumm machen. Unser Stellenangebote können per E-Mail oder Telegram abonniert werden.
Es gibt zwei Varianten, den Jobletter von »Baitō« zu abonnieren: Klassisch per E-Mail einmal wöchentlich ins Postfach oder als Telegram-Newsletter täglich um 18.00 Uhr. Max und Lukas starten mit »Baitō« zunächst in Berlin, andere Städte stehen schon auf dem Zettel und folgen bald. Da das Team keine Daten sammelt oder Werbung schaltet, wird der kostenfreie Dienst auf Spendenbasis angeboten. Jeder zahlt, was er kann oder erst dann, wenn der Traumjob gefunden wurde.
Unser Buchtipp zum »Job-Interview«:
Was passiert, wenn ich morgen nicht mehr an meinem Schreibtisch zurückkehre? Oder anders gefragt, welchen Impact hat meine Arbeit auf mich und andere überhaupt? David Graeber beschreibt in seinem Buch »Bullshit-Jobs« Beschäftigungsformen, die oft gut bezahlt aber doch sinnfrei sind. Weil sie entweder völlig unnötig oder unerträglich scheinen. Es geht nicht darum, dass sie keiner machen möchte, sondern vielmehr, dass sie niemand braucht. Mit seinem unterhaltsamen Buch möchte er dazu einladen, das Konzept »Arbeit« in Frage zustellen oder zumindest zu überdenken. Dafür wirft er einen Blick auf unsere Arbeitswelt, vom Mittelalter bis zum Neoliberalismus.
»Bullshit-Jobs« von David Graeber, 464 Seiten über Klett-Cotta
Illustrationen: Anastacia Sholik