Corona, kalte Temperaturen und ein Hostel im Leerstand: Diese drei Faktoren gepaart mit einer großen Portion an sozialem Engagement haben das »Pfefferbett« zur Notunterkunft für obdachlose Menschen gemacht. Solange der inklusive Betrieb noch nicht regulär öffnen kann, werden mithilfe des »IB Berlin-Brandenburg« und der Berliner Kältehilfe die Betten als Nachtquartier genutzt. Wir haben mit Mirko Meinert über seinen »Plan B« und Courage gesprochen.
Im letzten Jahr haben wir gelernt, wie wichtig es ist einen Plan B zu haben – und wie schnell auch dieser wieder über Bord geworfen werden kann. So wurde aus der geplanten Reise nach Italien kurzerhand ein Ausflug ins Umland und daraus wiederum ein Spaziergang »um den Block«. Wir haben uns schnell daran gewöhnt und angepasst. Beschränken unseren Reiseradius auf das Geringste gen Null, um bald wieder zusammen unterwegs sein zu können. Aber wie geht es eigentlich der anderen Seite, den Hotels und Unterkünften, die immer noch geschlossen sind? Wie sieht so ein »Plan B« für Hostels aus, die oft Hunderte von Betten besitzen, in denen gerade niemand schlafen darf?
Raus aus der Schockstarre
Füße hochlegen war keine Option für Mirko Meinert, dem Leiter des Pfefferbett Hostels im beliebten Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Nach der ersten Schockstarre im Frühjahr 2020 wurde ihm klar, dass mit dem Ausfall der Einnahmen nicht nur die Löhne einiger Monate, sondern auch ganze Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Das Hostel auf dem ehemaligen Brauereigelände Pfefferberg beschäftigt als inklusiver Betrieb ungefähr doppelt so viele Mitarbeiter als andere Herbergen und gibt Menschen mit Beeinträchtigung die Möglichkeit, Fuß in der Arbeitswelt zu fassen. Um Kündigungen zu vermeiden, begann Mirko nach Lösungen zu suchen.
Zwischennutzung im Berliner Hostel
Schließlich gibt es auch während der Pandemie Menschen in der Stadt, die trotz oder gerade wegen »Covid-19« dringend ein Dach über dem Kopf brauchen. So entwickelte er Ideen wie die Räume des Hostels sinnvoll genutzt werden könnten, beispielsweise als Frauenhaus oder Anker für Menschen ohne Obdach. Das tollkühne Projekt nahm dann ab Oktober Fahrt auf, als die Berliner Kältehilfe auf Mirkos Vorschlag aufmerksam wurde. Es sollen Zimmer angemietet, in denen obdachlose Menschen mit ausreichend Abstand für die Nacht unterkommen können.
So wurde das Hostel mit weiterer finanzieller Unterstützung vom Bezirksamt und der Senatsverwaltung zur Notunterkunft und das Foyer zum Verpflegungsort sowie zur temporären Kleiderkammer. Für Mirko gab es nur eine wichtige Bedingung: Seine Mitarbeiter*innen dürfen weiter als Housekeeper, Köche und im Service arbeiten und können so auch während der ungewöhnlichen Zwischennutzung ihrer regulären Tätigkeit nachgehen.
Stille Weihnachten statt laute Parties
Vor völlig neue Herausforderungen gestellt und einem »holprigen Start« mit einigen Polizeieinsätzen, nahm die Belegschaft so auch die Rolle als Betreuer, Streitschlichter und Seelsorger ein. Um die Weihnachtszeit waren Gastgeber und Gäste eingependelt und es wurde emotionaler im Hostel. Die Küche ließ es sich nicht nehmen, ein leckeres Weihnachtsmenü für die rund 90 Menschen zu zaubern. Mit kleinen Aufmerksamkeiten bedankten sich die Gäste beim Personal, die mit dem Essen für ein Stückchen Normalität in ungewissen Zeiten sorgten.
Während sonst »Backpacker« in Feierlaune und junge Kulturfans im Pfefferbett absteigen, finden sich hier seit November jeden Abend Menschen ohne feste Schlafmöglichkeit ein. Mirko und sein Team hätten am liebsten, dass sie auch tagsüber bleiben dürfen. »Dafür bräuchten wir aber professionelle Betreuung und mehr Platz«, so der gelernte Restaurantfachmann, der mit dieser mutigen Entscheidung nicht nur das Hostel weiterführen kann, sondern auch sehr viel Courage zeigt.
Um die wichtige Arbeit der Berliner Kältehilfe zu unterstützen, sammeln wir aktuell Spenden über PayPal. Alle Einnahmen werden zu hundert Prozent weitergegeben und dort eingesetzt, wo sie am dringendsten benötigt werden. Wer noch Schlafsäcke, Winterkleidung oder Schutzmasken in Berlin abzugeben hat, meldet sich gerne bei uns unter [email protected]. Für zukünftige Berlin-Reisende haben wir die Kurzinfos zum Pfefferbett Hostel unten zusammengefasst.
Übernachtung
Bett im 6er-Dorm ab 20,00 Euro pro Nacht
Privates Doppelzimmer ab 70,00 Euro pro Nacht
Anreise
Mehr Berlin geht nicht: Von der S-Bahn Alexanderplatz sind es nur zwei Stationen zum Hostel. Wer den Rest der Stadt erkundigen möchte, leiht sich ein Rad an der Rezeption.
Gut zu wissen
Das Pfefferbett ist in einer ehemaligen Brauerei und Schankwirtschaft zuhause. Neben dem historischen Pfefferberg-Areal finden sich unweit Künstlerateliers, Theater und Biergärten
Pfefferbett Hostel
Christinenstraße 18-19
10119 Berlin
www.pfefferbett.de
[email protected]
Fotos: Max Ernst Stockburger, Pfefferbett Hostel